Wifi 6 – Lohnt sich der Umstieg?

Immer mehr Endgeräte wie Smartphones, Tablets und Notebooks unterstützen das neue WLAN Standard Wifi 6 bzw. 802.11 ax. Macht es allerdings Sinn, die vorhandene Netzinfrastruktur auszutauschen, um vom neuen Standard zu profitieren? Gibt es Vorteile bei der Geschwindigkeit? Oder bei der Reichweite? Dieser Frage bin ich auf den Grund gegangen.

Was ist eigentlich Wifi 6? Und gab es ein Wifi 5?

Tatsächlich ist Wifi 6 nur eine Marketingbezeichnung um Geräte mit dem neuen Standard besser vermarkten zu können. Und ja, es gab auch Wifi 5, 4, 3 und so weiter. Allerdings wurden die Netze nicht unter der Bezeichnung vermarktet. Die Tabelle zeigt, welcher Wifi-Standard wie genannt wird:

Marketing-NameStandardmax. Übertragung (brutto)
Wifi-6802.11 ax11 Gbit/s
Wifi-5802.11 ac1.3 Gbit/s
Wifi-4802.11 n600 MBit/s
Wifi-3802.11 g54 MBit/s
Wifi-2802.11 a/b11 MBit/s
Wifi-1802.11< 2 Mbit/s

Manche Hersteller sind relativ früh auf den 6er Zug aufgesprungen, Hersteller wie z.B. Ubiquiti bringen erst Ende 2020, Anfang 2021 ihre Geräte auf den Markt.

Die wesentlichen Vorteile von Wifi 6

Mehr Geschwindigkeit dank 1024-QAM

Einer der wesentlichen Vorteile von Wifi 6 ist die Geschwindigkeitssteigerung. Zumindest sind nach Standard bis zu 10x höhere Geschwindigkeiten möglich, als in einem Wifi 5 Netz. 1024-QAM (Quadraturamplitudenmodulation) ist ein digitales Modulationsverfahren, um Nutzdaten auf eine Trägerfrequenz zu modulieren. Das 1024-QAM Verfahren macht es möglich, das zur Verfügung stehende Frequenzband-Spektrum effizienter auszunutzen, indem gleichzeitig mehr Daten übertragen werden können.

Vom 1024-QAM profitieren vor allem die Bewohner von Mehrfamilienhäusern, in denen viele Wifi Netzwerke existieren bzw. viele Geräte unterschiedliche Netze gleichzeitig nutzen. Hier erhöht sich alleine aufgrund des neuen Standards die Übertragungsrate um rund 40%.

Mehr Effizienz durch OFDMA

OFDMA steht für Orthogonal Frequency Division Multiple Access. Es ist ein Verfahren, um verschiedene Geräte gleichzeitig mit Daten zu versorgen. Was bedeutet das?

Als ich mir mein erstes Notebook vor 20 Jahren gekauft habe, waren die einzigen Wifi Geräte im Haus das Notebook und der Router. Damit musste der Router nur mein Notebook mit Daten versorgen.

Heute habe ich in meinem Haus mittlerweile 60 Wifi Geräte. Die möchten alle mit Daten versorgt werden. Hinzu kommen noch High-End Geräte, wie Notebooks und Tablets, von denen 4k Streams geschaut werden.

Während Wifi-5 rein Theoretisch in der Lage ist mit MIMO (Multiple IN – Multiple OUT) gleichzeitig 4 Geräte zu bedienen, bringt es Wifi-6 auf 8 Geräte. Daten für mehrere Empfänger werden dabei – vereinfacht gesagt – in ein Datenpaket gepackt.

Ein weiterer Vorteil, der vor allem für Gamer relevant ist, ist dass Wifi 6 für einen besseren Ping sorgt.

Mehr Sicherheit durch WPA3

WPA3 bringt sehr viele Vorteile für die Sicherheit des WLAN Netzes. Während ein Angreifer bei WPA2 ein Handshake-Paket abfangen konnte und dies später Offline / Offsite (also weit abseits des eigentlichen Netzes, z.T. auch mit Cloud-Computing) brechen konnte, ist eine Offline-Attacke auf WPA3 nicht mehr möglich. 

Es ist außerdem nicht möglich, aufgezeichneten Traffic zu entschlüsseln, wenn man hinterher den WPA-Schlüssel bekommt. Es ist deshalb auch nicht möglich in einem WPA3 verschlüsseltem Hot-Spot die Daten anderer Nutzer abzufangen.

Ein weiterer Vorteil ist MFP – Management Frame Protection (802.11w). Bisher war es so, dass Management-Frames unverschlüsselt über das WLAN Netz übertragen wurden. Bei WPA2 ohne MFP waren z.B. Deauthentifizierungs-Attacken als DoS Attacken möglich. Die Attacke lief so ab, dass der Angreifer räumlich in der Nähe des Netzes aufgehalten und nach Geräten gescannt hat, die sich im Wifi Netz befinden. Dann hat der Angreifer ein Paket an das Netz geschickt, in dem er dem Netz mitteilt, dass sich ein Client ausloggen möchte. Als Absender war jedoch nicht der Client (die MAC Adresse) des Angreifers benannt, sondern die eines Opfers. Auf diese Weise konnte man ein Wifi Netzwerk komplett lahmlegen.

Mit WPA3 gehört dies nun der Vergangenheit an.

Mit Wifi 6 Akku sparen

Eine weitere Kleinigkeit ist, dass der neue Standard die Akkulaufzeit verbessern kann. Der neue Standard verfügt über verbesserte Aufwachmechanismen (Target Wake Time). Damit kann ein Gerät (bzw. eine Komponente) lange im Ruhezustand verbleiben, bis es geweckt wird, weil Daten für ihn vorliegen.

Wifi 6 Vorteile auf einen Blick:

  • viel höhere Datenraten
  • schnelleres und stabileres WLAN / Wifi Netz bei vielen gleichzeitig aktiven Geräten
  • mehr Sicherheit mit WPA3 und MFP
  • bessere Akkulaufzeit

Kompatibilität zu alten Geräten?

Wifi 6 ist Abwärtskompatibel

Wifi 6 ist nach Standard mit allen älteren Geräten abwärtskompatibel. Damit ist es in der Theorie möglich, uralt-Geräte weiterhin im Wifi-Netz zu belassen. Die Praxis zeigt aber, dass vor allem alte Geräte, das ganze Netzwerk ausbremsen. Oder man auf proprietäre Features verzichten muss, weil ältere Geräte damit nicht zurecht kommen. Nicht zuletzt sollte man ältere Geräte durchwechseln, weil diese nicht mehr den heutigen Sicherheits-Standards entsprechen und oft angreifbar sind. Meine Faustregel wäre deshalb, alles was über 10 Jahre alt ist und am Netz hängt, durch neue Geräte zu tauschen.

Praxis-Speedtest Wifi 6 vs. Wifi 5 mit Ubiquiti Accesspoints

Ich möchte diesen Abschnitt mit einer kurzen Geschichte beginnen. Ich selbst habe in meinem Haus aktuell 8 Accesspoints, von denen 6 Stück nicht Wifi 6 Accesspoints sind. Dabei setze ich auf Geräte der Firma Ubiquiti. Ubiquiti ist Hersteller von Prosumer-Netzwerk-Equipment. Ich wollte herausfinden, ob sich ein Upgrade auf Wifi 6 bei mir lohnen wird. Ein Accesspoint liegt bei ca. 150€, ich müsste also ca. 1.000€ für das Upgrade bezahlen. Durchaus ein Betrag, bei dem man sich ein Update genau überlegen sollte.

Übersicht der Wifi 6 Geräte von Ubiquiti
Übersicht der Wifi 6 Geräte von Ubiquiti

Für meinen Test habe ich mir ein Ubiquiti U6-LR Accesspoint gekauft und werde es mit meinem UAP-AC-Pro Accesspoint vergleichen. Beide Accesspoints liegen bei mir auf dem Tisch in der Nähe meines MacBook Pro mit dem M1 Prozessor. Das Notebook kann Wifi 6. 

Zunächst einmal die Ausgangslage, das Accesspoint liegt bei mir auf dem Tisch, etwa einen halben Meter vom Notebook entfernt. Das Notebook ist mit dem Accesspoint verbunden, genutzt wird der Kanal 104 und wie im Screenshot zu sehen ist, wird 801.11ac verwendet, als Wifi 5. Ich habe im Downlink und im Uplink 400Mbps, zumindest als ausgehandelte Geschwindigkeit. Das Accesspoint ist am Switch mit 1 GBit/s angebunden.

Der Speedtest geht los!

Wifi Speedtest mit iperf bzw. iperf3

Für den Speedtest verwende ich das Tool iperf3. Das Tool schickt und empfängt Daten zwischen zwei Rechnern. Ein Rechner spielt dabei den Server, ein anderer den Client. Für den Test verwende ich meinen Linux-Fileserver, der mit 10GbE am gleichen Switch angeschlossen ist, an dem auch das Accesspoint angeschlossen ist. Auf dem Server starte ich iperf3 mit:

[root@storage:/home/dr]# iperf3 -s
-----------------------------------------------------------
Server listening on 5201
-----------------------------------------------------------

Der Server ist bereit. Bei mir auf dem Mac habe ich iperf3 mit homebrew installiert. Hier starte ich iperf im Client Modus.

dr@MBP-von-Dimitri ~ % iperf3 -c 10.2.0.149
Connecting to host 10.2.0.149, port 5201
[  5] local 10.2.0.82 port 63355 connected to 10.2.0.149 port 5201
[ ID] Interval           Transfer     Bitrate
[  5]   0.00-1.00   sec  35.1 MBytes   293 Mbits/sec
[  5]   1.00-2.00   sec  33.0 MBytes   278 Mbits/sec
[  5]   2.00-3.00   sec  33.2 MBytes   279 Mbits/sec
[  5]   3.00-4.00   sec  36.2 MBytes   304 Mbits/sec
[  5]   4.00-5.00   sec  36.3 MBytes   304 Mbits/sec
[  5]   5.00-6.00   sec  36.6 MBytes   308 Mbits/sec
[  5]   6.00-7.00   sec  36.0 MBytes   302 Mbits/sec
[  5]   7.00-8.00   sec  36.3 MBytes   305 Mbits/sec
[  5]   8.00-9.00   sec  36.1 MBytes   303 Mbits/sec
[  5]   9.00-10.00  sec  35.2 MBytes   295 Mbits/sec
- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -
[ ID] Interval           Transfer     Bitrate
[  5]   0.00-10.00  sec   354 MBytes   297 Mbits/sec                  sender
[  5]   0.00-10.02  sec   351 MBytes   294 Mbits/sec                  receiver

iperf Done.

Das Ergebnis nach dem Test: Ich habe eine Geschwindigkeit von rund 300Mbit/s mit dem UAC-AP-AC. Und das ist schon nicht schlecht.

Nun ersetze ich das Accesspoint durch den U6-LR. Auch hier gehe ich auf Nummer Sicher. Das Notebook ist im richtigen Netz, es wird 801.11ax angezeigt auf dem Kanal 44. Ausgehandelt wurden 573Mpbs. Alles soweit ok. Nun geht es zum Test.

Ubiquiti Wifi 6 Test Speed

Auch hier führe ich wieder iperf3 aus und teste die Geschwindigkeit.

dr@MBP-von-Dimitri ~ % iperf3 -c 10.2.0.149
Connecting to host 10.2.0.149, port 5201
[  5] local 10.2.0.82 port 63627 connected to 10.2.0.149 port 5201
[ ID] Interval           Transfer     Bitrate
[  5]   0.00-1.00   sec  43.1 MBytes   362 Mbits/sec
[  5]   1.00-2.01   sec  41.3 MBytes   344 Mbits/sec
[  5]   2.01-3.00   sec  52.7 MBytes   445 Mbits/sec
[  5]   3.00-4.00   sec  53.5 MBytes   449 Mbits/sec
[  5]   4.00-5.00   sec  54.3 MBytes   454 Mbits/sec
[  5]   5.00-6.00   sec  53.8 MBytes   452 Mbits/sec
[  5]   6.00-7.01   sec  54.8 MBytes   458 Mbits/sec
[  5]   7.01-8.00   sec  53.6 MBytes   451 Mbits/sec
[  5]   8.00-9.00   sec  54.1 MBytes   454 Mbits/sec
[  5]   9.00-10.00  sec  55.0 MBytes   462 Mbits/sec
- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -
[ ID] Interval           Transfer     Bitrate
[  5]   0.00-10.00  sec   516 MBytes   433 Mbits/sec                  sender
[  5]   0.00-10.01  sec   514 MBytes   430 Mbits/sec                  receiver

iperf Done.

Als Ergebnis habe ich mit Wifi 6 rund 430 Mbit/s. Das sind rund 43% schneller, als mit Wifi 5.

Fazit: Lohnt sich der Umstieg auf Wifi 6?

Meine persönliche Meinung ist, dass es auf die Nutzung des Wifi-Netzes ankommt. Für Privatpersonen wird sich das Upgrade kaum lohnen, denn im Moment gibt es nur wenige Geräte, die Wifi 6 überhaupt unterstützen. Und die 40% Geschwindigkeitsvorteil sind zwar schön, aber macht es für mich so einen Unterschied aus, ob ich jetzt Daten mit 37 Mbyte/s oder mit 50 Mbyte/s von einem kabellosen Client kopiere? 

Ich selbst verwende mein Wifi-Netzwerk kommerziell. Ich verdiene mit meiner Arbeit Geld. Und für meine Arbeit übertrage ich große Datenmengen über das Wifi-Netzwerk. Aus diesem Grund habe ich mich auch dazu entschieden, die Accesspoints in meinem Haus nach und nach durch Wifi 6 Accesspoints zu ersetzen.

Sollte jemand in der glücklichen Situation sein, dass er aktuell noch keine Accesspoints hat, dann würde ich IMMER zu Wifi 6 Accesspoints greifen statt zu den älteren Wifi 5.

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