15km-Regel – Wird das Smartphone zum Spion?

Die Bundesregierung hat vergangene Woche bereits die Pläne zur Verschärfung des zweiten Corona-Lockdowns in Deutschland verkündet. Nach der neuen Regel sollen Personen aus Corona-Hotspot-Gebieten mit einem Inzidenzwert von über 200 positiven Corona-Tests pro 100.000 Einwohnern das Haus nur mit triftigen Gründen verlassen dürfen und das auch nur innerhalb einer 15-Kilometer-Zone. Wie die Zone genau berechnet wird, ist noch nicht ganz klar. Sie soll aber ab der Grenze des Wohnortes gelten. Ob es jetzt Luftlinie mit kürzester Distanz zur nächsten Grenze ist, ist unklar. Auch unklar ist, wie die Kontrollen zur Einhaltung der 15km-Regel funktionieren sollen. 

Dies sieht auch Uwe Brandl, Präsident des Bayerischen Gemeindetages so. In einem Interview mit dem BR sagte er:

Ich kann die Intention nachvollziehen. Was ich allerdings nicht nachvollziehen kann ist, wie man das Ganze auch vernünftig kontrollieren möchte.

Die 15km-Regel – Smartphone wird zum Spion

Im Interview nannte Brandl ebenfalls eine Lösung für die Überwachung der 15km-Regel. Das Smartphone soll zum Spion in der eigenen Hosentasche werden und den Nutzer gegebenenfalls verraten.

Wir könnten heute Bewegungsprofile aus den Handys auslesen und auf diese Weise sehr treffsicher feststellen, wo sich die Menschen aufhalten. Wir müssen uns halt jetzt entscheiden, was wichtiger ist, der Gesundheitsschutz oder der Datenschutz.

Mit dieser Aussage zeigt der Politiker, dass er nicht das Geringste über Smartphone-User und das Mobilfunk-Netz verstanden hat. Unser Smartphone, genauso wie unser Rechner sind heute ausgelagerte Gehirne. Wir vertrauen unserem Smartphone unsere Erinnerungen an. Das Smartphone weiß, durch diverse Sensoren, wie es uns geht und wo wir uns aufhalten. Oder auch wofür wir uns interessieren und im Internet danach suchen. 

Wir vertrauen dem ständigem Begleiter in der Hosentasche, denn kommt es zu einem Notfall, zücken wir das Gerät und holen damit Hilfe.

Sollen wir nun anfangen, diesem Gerät zu misstrauen und es öfters mal zu Hause zu lassen, wenn wir wegfahren?

Ist eine Überwachung der 15km-Regel technisch möglich?

Leider versteht Brandl nicht das Geringste über die Möglichkeiten. Er möchte irgendwelche Daten von Handys auslesen. Leider ist es die ganze Zeit das Begehren des Überwachungsstaates, den Zugriff auf irgendwelche Geräte zu bekommen, um irgendwelche Daten auszulesen – natürlich nur zu unserem Besten. Technisch funktioniert das allerdings nicht. So wehrte sich z.B. Apple erfolgreich dagegen, ein gesperrtes iPhone zu entsperren, damit Ordnungsbehörden den Zugriff auf die Daten erhalten. Bei Google und Android-Telefonen wird es ähnlich aussehen.

Ein Auslesen der Daten vom Smartphone ist deshalb nicht so einfach möglich, wie der Politiker es sich vorstellt.

Doch was ist technisch möglich?

Damit Anrufe und Daten zwischen einem Smartphone und dem Mobilfunkbetreiber ausgetauscht werden können, muss es sich in seinem Netz anmelden. Die Zugangsdaten zum Netz stehen auf der Sim-Karte, die der Kunde ins Gerät einsetzt oder als eSim auf das Gerät lädt. Ist der Kunde im Mobilfunknetz eingeloggt, fängt das Mobilfunknetz an, den Nutzer zu verfolgen. Ein Mobilfunknetz arbeitet mit Funkzellen. Ist ein Kunde unterwegs, springt er zwischen den Funkzellen hin und her, da die Funkzellen örtlich begrenzt sind. Ein Mobilfunkbetreiber muss aber wissen, in welcher Funkzelle sich das Gerät befindet, damit genau da die Daten (Anrufe oder Datenverbindungen) ankommen. 

So weiß ein Mobilfunkbetreiber immer, in welcher Funkzelle sich ein Gerät befindet. Er verwendet auch moderne Algorithmen und künstliche Intelligenz, um abzuschätzen, in welche Funkzelle sich das Gerät demnächst begeben wird (Roaming), um den Wechsel möglichst ohne Datenverlust durchzuführen.

Rein technisch wären wir also über ein Handy (sei es ein altes Nokia 3110, ein modernes Smartphone oder auch ein Wearable) tatsächlich trackbar. Bei einigen Straftaten greift die Polizei in Form einer Funkzellenabfrage auch auf diese Daten zurück. Allerdings verbietet die aktuelle Gesetzeslage den Einsatz solcher Technologien bei Bagatelltaten, wie z.B. dem Verstoß gegen die 15km-Regel. 

Bleibt nur zu hoffen, dass es so bleibt. 

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